Im Fachbereich Kerntechnik geht es um die wissenschaftlichen Grundlagen der Nutzung von Kernenergie (Kernspaltung, Kernfusion) im weitesten Sinne sowie die Umsetzung in der Praxis. Die Studiengänge sind interdisziplinär ausgerichtet und beinhalten unter anderem Physik, Chemie, Mathematik, Aspekte des Maschinenbaus und sogar Betriebswirtschaftslehre. Kerntechnik ist ein sehr kleiner Fachbereich, der inzwischen nur noch rund zwei Dutzend Studierende ausbildet.
Welche Möglichkeiten gibt es, Kerntechnik zu studieren?
Im Fachbereich Kerntechnik bieten die Universitäten sehr wenige Studiengänge an. Die typische Bezeichnung ist Nukleartechnik. Die Hochschulen haben die Studiengänge als Bachelor- und Masterstudiengänge konzipiert. Die Bachelorstudiengänge können Studierende nur in Karlsruhe und München belegen, Masterstudiengänge an der RWTH Aachen, in Karlsruhe und München sowie einen Masterstudiengang im Fachbereich Maschinenbau in Aachen/Jülich und in Dresden. Als Anwendungsfach können Studierende Kernenergietechnik innerhalb des Studiengangs technische Kybernetik in Stuttgart wählen.
Die Studiengänge im Fachbereich Kerntechnik sind ausschließlich Präsenzstudiengänge. Studierende haben keine Möglichkeit, diese als Fernstudium oder als duales Studium zu belegen. Zugangsvoraussetzung ist neben der Hochschulreife bzw. Fachhochschulreife das Bestehen eines Eignungstests, der von Hochschule zu Hochschule variiert.
Auslandsstudium
Deutschland hat den Ausstieg aus der Atomkraft beschlossen. Obwohl es im Land auf absehbare Zeit ausreichend viele Arbeitsplätze gibt, kann ein Auslandsstudium perspektivisch eine gute Wahl sein. Führende Nationen sind die USA und Frankreich. Weitere Studienmöglichkeiten bieten sich in Belgien, Niederlanden und Großbritannien. Das Auslandsstudium kann Türöffner für eine Karriere auf einen sehr international ausgerichteten Arbeitsmarkt sein.
Für wen sind Studiengänge des Fachbereichs Kerntechnik geeignet?
Die Studiengänge im Fachbereich Kerntechnik sind sehr anspruchsvoll. Studierende sollten daher folgende Eigenschaften und Fähigkeiten mitbringen:
- sehr großer Lerneifer,
- sehr gute Kenntnisse der Mathematik, Chemie und Physik,
- großes Interesse an Technik und Maschinenbau,
- sehr gute Englischkenntnisse,
- Spaß an wissenschaftlichen Experimenten,
- Pioniergeist,
- Bereitschaft, ein gesellschaftlich umstrittenes Thema zu vertreten.
Was verdienen Kerntechnikerinnen und Kerntechniker?
Das Gehalt von Kerntechnikerinnen und Kerntechnikern ist sehr unterschiedlich. Im Bereich der zivilen Nutzung der Atomenergie können Absolventinnen und Absolventen mit Einstiegsgehältern um 35.000 Euro im Jahr rechnen. Im weiteren Karriereverlauf sind annähernd sechsstellige Beträge möglich. Auf dem internationalen Arbeitsmarkt können die Absolventinnen und Absolventen relativ schnell sechsstellige Jahressummen in Dollar verdienen. Speziell in den USA sind die Gehälter vergleichsweise hoch.
In der Forschung und Lehre sowie im öffentlichen Dienst und vergleichbaren Bereichen wie beim TÜV gelten Tarifgehälter, sodass hier je nach Arbeitgeber, Region und konkreter Stellenbeschreibung niedrigere Einstiegsgehälter wahrscheinlich sind.
Das Ansehen des Berufs der Kerntechnikerinnen und Kerntechniker
Die Atomenergie und damit die Kerntechnik hat in der Gesellschaft nach den Atomunfällen von Tschernobyl und Fukushima deutlich an Ansehen verloren. Das hat dazu geführt, dass die Gesellschaft auch Kerntechnikerinnen und Kerntechniker nicht immer deutlich von der Atomlobby trennen. Dennoch genießt ein hoch spezialisierter Wissenschafts- bzw. Ingenieurberuf wie der der Kerntechnikerin bzw. des Kerntechnikers fachlich großes Ansehen. Das gilt umso mehr, wenn die Absolventinnen und Absolventen einen zivilen Berufsweg abseits der Atomenergie eingeschlagen haben.
Wie entwickelt sich der Arbeitsmarkt für Absolventinnen und Absolventen eines Studiums der Kerntechnik?
In Deutschland herrscht ein Mangel an Kerntechnikerinnen und Kerntechnikern. Derzeit kommen auf jede Absolventin und jeden Absolventen etwa zwei offene Stellen. Die Zahl der Stellen ist allerdings sehr klein, sodass sich die Situation relativ schnell ändern kann.
Obwohl die Bundesrepublik den Atomausstieg beschlossen hat, gibt es für Studierende mindestens mittelfristig sehr gute Berufsaussichten. Zum einen sind deutsche Fachkräfte auch im Ausland sehr gefragt. Die der Studiengänge bieten eine gute Voraussetzung für den internationalen Arbeitsmarkt. Zum anderen besteht auch abseits des Betriebs und des Rückbaus von Atomkraftwerken Bedarf an Fachkräften. Denn die atomare Antriebstechnik steckt noch in den Kinderschuhen und wird sich in den kommenden Jahren weiter entwickeln. Auch die medizinische Nutzung der Kerntechnik ist von Bedeutung. In diesem Bereich wächst der Bedarf an Fachkräften. Behörden und Arbeitgeber wie der TÜV sowie Forschungsinstitute suchen ebenfalls nach Fachkräften.
Geschichte und Herkunft
Der Fachbereich Kerntechnik geht auf chemische und physikalische Forschungen an den Universitäten zurück. Als Startschuss gilt die Entdeckung der Kernspaltung durch Otto Hahn und seinen Assistenten Fritz Straßmann am Kaiser-Wilhelm-Institut für Chemie in Berlin im Jahre 1938. Darauf bauen Forschungen zur militärischen und zivilen Nutzung der Kerntechnik auf. Neben Atomwaffen sind es insbesondere Atomkraftwerke sowie atomare Antriebe, die im Mittelpunkt des Interesses stehen.
Einen eigenen Fachbereich für Kerntechnik gibt es trotz intensiverer Forschung in den vergangenen Jahrzehnten nur an wenigen Universitäten. Nach der Katastrophe von Fukushima haben einzelne Universitäten wie die in Hannover zudem Lehrstühle gestrichen. Heute bieten nur noch die Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen (RWTH), die Fachhochschule Aachen/Jülich, die Technische Universität Dresden, das Karlsruher Institut für Technologie, Technische Universität München sowie die Universität Stuttgart Studiengänge bzw. Schwerpunkte im Fachbereich an.